Am 07.08.2020 werden wir in Passau (DE) im Rahmen von ZAKK im Freien unseren ersten offline Workshop seit Corona geben. Wir freuen uns schon sehr!
Im Workshop werden verschiedene Aspekte des „Policing“ analysiert und mit den Konzepten Transformative Gerechtigkeit und Community Accountability (Gemeinschaftliche Verantwortungsübernahme) Alternativen dazu vorgestellt, die von indigenen Gemeinschaften und queeren Communities of Color in Nordamerika entwickelt wurden.
Trigger-Warnung: Der folgende Text beschäftigt sich mit Formen zwischenmenschlicher, vor allem sexualisierter Gewalt, und Umgängen damit. Diese Themen können emotional belasten und triggern. Im Zweifel lest den Text nicht oder gemeinsam mit Freund*innen und achtet auf Euch.
Als politisch aktive Feminist*innen haben wir uns in den letzten Jahren in verschiedenen emanzipatorischen Kontexten und Projekten bewegt, deren Selbstverständnisse beinhalteten, antisexistisch, queer_feministisch, selbstorganisiert, autonom, herrschaftskritisch, … zu sein. Linksradikale Räume waren und sind Zufluchtsorte gerade für Menschen, die in der Mehrheitsgesellschaft Marginalisierung, Diskriminierung und Gewalt erlebt haben und erleben – FLINT* Personen, also Frauen, Lesben, Inter-, nicht binäre und trans* Personen, People of Color, Queers, Punks… Aber auch emanzipatorische Räume sind nicht frei von zwischenmenschlicher Gewalt, sondern gesellschaftliche Herrschaftsmechanismen setzen sich in Menschen und Strukturen fort. Dafür gibt es viele Beispiele: Ungleich verteilte Arbeiten, Mackertum auf Aktionen, informelle Ausschlüsse und Ausschlüsse entlang von Machtgefällen, das Geschehen und die Toleranz von sexualisierten Übergriffen bis hin zum (oft jahrelangen) Schutz von gewaltausübenden Personen1 in Polit-Strukturen. Zwischenmenschliche und gerade sexualisierte Gewalt bleiben also auch in „unseren“ Räumen eine Realität, zu der wir uns verhalten müssen. Oft provoziert dies vorstrukturierte Abläufe: Gewalt wird ignoriert, die Suche nach Umgängen verweigert und gewaltausübende Personen geschützt. Oder es herrscht Hilflosigkeit beim Versuch, mit Betroffenen umzugehen und Gewalt wird lediglich zurück gegen einzelne gewaltausübende Personen gerichtet während die Strukturen – der „Szene“ sowie der Gesellschaft -, die zwischenmenschliche Gewalt ermöglichen, völlig unangetastet bleiben. Eine Ausprägung dessen ist der „Strafrechtsfeminismus“, das Hilfesuchen feministischer Akteur*innen beim Rechtsstaat – die Polizei rufen, Anzeige erstatten, vor Gericht gehen, etc.2 Aber Recht schafft keine Gerechtigkeit, und schon gar keine Heilung von Gewalt Betroffener und ihrer Gemeinschaften. Stattdessen bearbeitet die Justiz Fälle von (sexualisierter) Gewalt nicht mehr als Konflikt der beteiligten Akteur*innen, sondern als abstrakten Rechtskonflikt vertreten durch die Staatsanwaltschaft, prüft einzig die Gegebenheit eines Straftatbestands, stellt dabei die „Glaubwürdigkeit“ einzelner Betroffener zur Disposition und erzwingt im Laufe des Strafprozesses immer wieder Konfrontationen mit dem Geschehenen. Zudem impliziert strafrechtsfeministisches Handeln, dass herrschaftliche Gewalt – z.B. rassistisches Polizeihandeln – akzeptiert und emanzipatorische Räume, die eben auch Schutzräume vor staatlichen Zugriffen sein sollen, für solche geöffnet werden, und alle, für die die Polizei nicht „Freund und Helfer“ ist – People of Color, Queers, Drogennutzer*innen, Sexarbeiter*innen, Menschen ohne festen Wohnsitz oder legalen Aufenthaltstitel, kriminalisierte oder von der Polizei traumatisierte Menschen3 – dort nicht (mehr) willkommen sind. Der Rechtsstaat ist selbst eine gewaltvolle, patriarchal-herrschaftliche Institution, welche z.B. Geschlechterherrschaft und-binarität (re-)produziert und zentraler Akteur rassistischer Grenz- und Sicherheitsdiskurse ist. Zur (Wieder-)Herstellung von Recht übt er wiederum Gewalt durch Strafe und einsperrendeInstitutionen aus. Wir sind überzeugt, dass der Rechtsstaat daher kein Partner im Kampf gegen (patriarchale) Gewalt sein kann.
Wie können wir über Gewalt sprechen? Louise Haitz spricht im Interview mit Lydia und Alex (ignite) über die emotionalen und affektiven Erwartungen an Überlebende_Opfer. Hört gerne mal rein!
Wir möchten Workshops, Austausch und Diskussionen auch in Zeiten, in denen wir nicht an einem Ort sein können, aufrechterhalten. Am 24. April bieten wir daher unseren Workshop zu Transformativer Gerechtigkeit, „Gerechtigkeit jenseits von Justiz, Polizei und Gefängnis“ als DIY-Online-Workshop mit anschließendem Gesprächsraum an. Hier stehen dann das Workshopprogramm, Audios, Texte und Aufgaben zur Verfügung, die im Rahmen von ca. 3 Stunden erarbeitet werden können. Von 12-15 Uhr können währenddessen über ein Pad Verständnisfragen gestellt werden. Anschließend laden wir Euch ab 15 Uhr zum Gespräch über Mumble ein. Bitte ladet Euch mumble vorher schon herunter. Die Zugänge und Passwörter zu allen Plattformen findet ihr kurz vorher auf dem Blog.
Am 23. April, 19-21 Uhr, bieten wir unseren Workshop „Einsperren, verwalten, abschrecken – die Funktion der Knäste und Utopien jenseits davon“ live online über mumble, eine Open Source Plattform für gemeinsame verschlüsselte Chats und Telefonate, an. Trefft euch trotzdem gerne mit euren Mitbewohner*innen oder Freund*innen vor dem Laptop, wenn ihr den Workshop zusammen machen möchtet. Es ist sinnvoll, sich Mumble vorher schon herunterzuladen. Wo genau auf Mumble ihr uns findet, veröffentlichen wir an dem Tag hier auf unserem Blog. Eine Begleitseite zum Live-Workshop gibt es hier.
***Eine Übersetzung der Workshops in weitere Sprachen können wir in diesem Format leider nicht anbieten. Wir hoffen, es gibt für alle Interessierten die Möglichkeit, eine direkte Simultanübersetzung zu bekommen. Unterstützt Euch gegenseitig!
Wir werden in der kommenden Woche drei Workshops für das Hambi Skillshare digital zur Verfügung stellen!
Zwei DIY-Online Workshops
06.04. Workshop: Gerechtigkeit jenseits von Justiz, Polizei & Gefängnis
08.04. Workshop: Smash patriarchy!? Feministsche Perspektiven auf Gewalt im und gegen das Patriarchat
Leider werden die Workshops nur auf Deutsch verfügbar sein und nicht wie sonst immer mit Übersetzungsmöglichkeit. Wir haben leider keine Aufnahmen in anderen Sprachen und alles zu transkribieren oder neu aufzunehmen würde Wochen dauern und die Zeit haben wir im Moment leider einfach nicht. Das ist sehr schade, aber da müssen wir auch im Moment auf unsere eigenen Kapazitäten achten. Es gibt aber in unseren Materialsammlungen auch viele Texte auf Englisch und einiges auf Spanisch, schaut da gerne mal rein!
Workshop über Mumble
06.04.2020 Workshop: Einsperren, verwalten, abschrecken – die Funktion der Knäste und Utopien jenseits davon
********* Da leider nicht genug Leute am Start waren, wird der Mumble Workshop abgesagt *****************
*** UPDATE: Wegen der Corona-Epidemie fallen die meisten Workshops in den nächsten Monaten aus. Die, die ausfallen, werden wir versuchen nachzuholen. Aktuelle Infos in der Terminleiste rechts auf der Hauptseite. Einige Workshops werden aber stattdessen digital stattfinden, in welcher Form genau, arbeiten wir derzeit noch aus. Stay tuned! ***
Die kommende Zeit wird aber politische Arbeit dringender machen denn je. Nur in den Umständen angepasster Form. Prekär beschäftigte Menschen, Alleinerziehende, von häuslicher Gewalt Betroffene, Geflüchtete, Menschen im Knast, Sexarbeiter*innen, … werden allein gelassen ohne Einkommen / eingesperrt / isoliert, während die Autoindustrie mit Geld beworfen wird.
Gleichzeitig greift der Staat zu autoritären Mitteln die große Gefahren mit sich bringen. Denn was einmal eingeführt wurde, geht nicht unbedingt auch einfach wieder weg nach der Krise.
Lasst uns solidarisch und wachsam sein in der kommenden Zeit.
Wir wünschen euch allen ein kämpferisches Wochenende gegen patriarchale Unterdrückung und voll Queerer und Feministischer Kompliz*innenschaft!
Hier unsere Rede für die queer-feministische Nachttanzdemo in Tübingen am 07. März 2020
Schönen Abend euch!
Seit es patriarchale Unterdrückung und Gewalt gibt, hat es auch immer Feministische und Queere Widerstände gegeben. Ob Tomatenwurf in der Studierendenbewegung der BRD, „Stonewall Riots“ in New York oder Feministische Revolution bei den Zapatistas in Mexiko und in Rojava – Queere und Feministische Kämpfe waren und sind vielfältig, ergänzen und widersprechen sich, vereint in ihrer Unversöhnlichkeit mit der herrschenden, patriarchalen „Ordnung“. Leider wurden und werden viele von ihnen vergessen – verschwiegen und unsichtbar gemacht im Namen patriarchaler, bürgerlicher Geschichtsschreibung. Aber wir wollen und brauchen Erzählungen, die uns Mut machen, an die wir anknüpfen, an denen wir uns reiben können.
Es gibt uns Kraft zu sehen, wie lange schon gegen die Unterdrückung anhand von Geschlecht und Begehren gekämpft wird. Es macht uns aber auch wütend immer noch gegen den selben Mist kämpfen zu müssen. Dass die Forderungen der Frauenbewegung auch heute noch nicht eingelöst sind und patriarchale Gewalt fortdauert, dass sicher geglaubte Errungenschaften in Zeiten von gesellschaftlichem Rechtsruck und Faschisierung wieder bedroht sind. Von reproduktiven Rechten zu Gesundheit und gleichem Gehalt. Es hat sich zu wenig geändert.
Doch patriarchale Gewalt findet nicht nur da „draußen“ statt. Nein sie ist überall.
Die Vorstellung des Vergewaltigers der im Park auflauert, wird der Realität nicht gerecht. Die meisten Übergriffe finden im sozialen Nahraum statt. Das gilt auch für die linke Szene.
Seit Jahren werden Übergriffe in den linken Räumen Tübingens thematisiert, es wird ein Umgang gesucht, aber all zu oft sind die Versuche gescheitert.
Wir brauchen endlich funktionierende Strukturen zum Umgang mit sexualisierter Gewalt. Die Polizei abzulehnen, heißt nicht einfach Aufkleber gegen die Polizei an die nächste Laterne zu kleben, sondern Alternativen im hier und jetzt praktisch zu erproben. Ob das in der Praxis dann Transformative Gerechtigkeit heißt oder anders – egal. Aber nichts machen bedeutet schlicht Kompliz*in patriarchaler Gewalt zu sein!
Wir sollten uns fragen, ob es in diesen düsteren Zeiten unsere Aktionsformen noch angemessen sind. In Zeiten in denen Gesellschaft und Staat nach Rechts rücken, Femizide immer noch alltäglich sind und Queers immer noch auf der Straße angegriffen werden, wie vor wenigen Tagen eine trans Frau in der Berliner U-bahn. Sind da Laufdemos mit reformistischen Rufen nach mehr „Gleichstellung“ wirklich ausreichend?
Wenn Regierungskoalitionen mit der AfD versucht werden – wieso plädieren wir da an die Regierenden?
Es ist Zeit unsere Aktionsformen und Ziele anzupassen. Wir können nicht einfach nur weitermachen wie immer. Ob es wilde Demos sind, konfrontative feministische Streiktaktiken wie in Spanien, Argentinien und der Schweiz in den letzten Jahren oder die Konfrontation von Täter*innen in unseren Reihen. Wir müssen endlich Schluss machen mit Symbolpolitik und handeln!
Neben Fragen zu unseren Strategien, müssen wir auch darüber reden, warum so viele Feministische Kampagnen rund um den 08. März immer noch sehr stark von weißen bürgerlichen feministischen Stimmen geprägt sind.
Warum bleibt bei Kampagnen gegen Femizide so oft unerwähnt, dass von patriarchaler Gewalt am meisten Frauen und Queers of Color betroffen sind?
Warum geht es nicht um all die ebenso vom Patriarchat betroffenen und dagegen kämpfenden Menschen, die heute nicht hier sein können – weil sie in Abschiebehaft sitzen, im Mittelmeer ertrunken sind, im Knast sitzen?
Wollen wir wirklich einen akzeptierten, bürgerlichen Feminismus der für mehr Teilhabe für privilegierte Frauen kämpft und das oft auf Kosten anderer Unterdrückter? Wollen wir uns an eine Gesellschaft anpassen, die uns im Kern und in ihren Institutionen feindlich gesinnt ist?
Oder wollen wir für einen Feminismus kämpfen oder ihn gar leben, der gemeinsam mit allen vom Patriarchat unterdrückten kämpft, Unterschiede wahrnimmt und ernst nimmt, gegen Rassismus, Transfeindlichkeit und Klassismus kämpft – unsere Kämpfe verbindet.
Intersektional, Unruhe stiftend und unbequem!
Wer glaubt, dass ein von weißen cis-Männern geschaffener und geprägter Staat ein sinnvoller Partner im Kampf gegen unsere Unterdrückung ist, hat Herrschaft nicht verstanden.
Wer glaubt, dass laute queere Stimmen feministische Bewegungen spaltet, spaltet selbst.
Wer glaubt, dass wir gegen Sexismus kämpfen können, ohne auch gegen Rassismus zu kämpfen, hat Herrschaft nicht verstanden.
Das wahre patriarchale Gesicht hat die staatliche Exekutive jüngst bei den 2 vom Landgericht gezeigt. Die Polizei ist und bleibt gewalttätig, übergriffig und anmaßend.
Unsere Wut gilt Polizei, Gerichten und Knästen, die nichts anderes sind als patriarchale Herrschaftsinstrumente!
Liebe und Solidarität an alle jene die sich ihnen entgegenstellen!
Bei Protesten in Paris hieß es ein mal: ‚Wir beginnen erst wirklich zu kämpfen, wenn wir aufhören harmlos zu sein.“
Lassen wir uns die Anmaßungen des Staates der sich feministisch nennt und gleichzeitig täglich unsere Unterdrückung sichert nicht mehr länger gefallen. Die Wut darüber macht uns stark und kann verschiedene Positionen vereinen, Verständnis, Solidarität schaffen.
Für die Queer_Feministische Revolte – das Patriarchat muss bald schon Geschichte sein!
Hier gibt es einen Mitschnitt unseres Workshops zu Transformativer Gerechtigkeit, vom Juli 2019 in Freiburg im Breisgau. Aus Gründen der Sicherheitskultur haben wir alle Diskussionsteile und Fragen rausgeschnitten, sodass dies nur die Inputteile der 3 Stunden Version des Workshops sind. Daher geht der Mitschnitt auch nur ca. 45 min. Da wir unsere Workshops regelmäßig weiter entwickeln, Feedback und Kritik einbauen, ist diese Version gewissermaßen schon wieder veraltet. Aber hört doch einfach selber mal rein, verwendet es weiter wenn es euch gefällt. Wenn ihr es irgendwo weiter veröffentlicht sagt uns gerne Bescheid.
Wir machen eine kleine Workshoptour durch die Nordschweiz. Wir werden in Winterthur, Zürich und Basel vorbei schauen. Kommt vorbei und erzählt euren Freund*innen davon!
ZÜRICH; am 18.01.2020
Mittagessen Küfa: 12:00
Workshopbeginn: 13:00 Ort: Juch-Areal (Juchstrasse 27)
(Hat paar wenige Stufen, falls gewünscht können wir ein Brett oder ähnliches organisieren, um den Ort Rollstuhlgängig zu machen) (English translation possible)
BASEL; am 19.01.2020
Workshopbeginn um 18:00
Wo: Infoladen Magazin Basel (Inselstrasse 79)
(nicht Rollstuhlgängig) (English translation possible)
Es wird eine Kollekte geben damit wir zumindest die Unkosten decken können. Fragen und Anmeldungen an: tschutschu[at]systemli.org (ihr könnt auch ohne Anmeldung kommen)