Wir wünschen euch allen ein kämpferisches Wochenende gegen patriarchale Unterdrückung und voll Queerer und Feministischer Kompliz*innenschaft!
Hier unsere Rede für die queer-feministische Nachttanzdemo in Tübingen am 07. März 2020
Schönen Abend euch!
Seit es patriarchale Unterdrückung und Gewalt gibt, hat es auch immer Feministische und Queere Widerstände gegeben. Ob Tomatenwurf in der Studierendenbewegung der BRD, „Stonewall Riots“ in New York oder Feministische Revolution bei den Zapatistas in Mexiko und in Rojava – Queere und Feministische Kämpfe waren und sind vielfältig, ergänzen und widersprechen sich, vereint in ihrer Unversöhnlichkeit mit der herrschenden, patriarchalen „Ordnung“. Leider wurden und werden viele von ihnen vergessen – verschwiegen und unsichtbar gemacht im Namen patriarchaler, bürgerlicher Geschichtsschreibung. Aber wir wollen und brauchen Erzählungen, die uns Mut machen, an die wir anknüpfen, an denen wir uns reiben können.
Es gibt uns Kraft zu sehen, wie lange schon gegen die Unterdrückung anhand von Geschlecht und Begehren gekämpft wird. Es macht uns aber auch wütend immer noch gegen den selben Mist kämpfen zu müssen. Dass die Forderungen der Frauenbewegung auch heute noch nicht eingelöst sind und patriarchale Gewalt fortdauert, dass sicher geglaubte Errungenschaften in Zeiten von gesellschaftlichem Rechtsruck und Faschisierung wieder bedroht sind. Von reproduktiven Rechten zu Gesundheit und gleichem Gehalt. Es hat sich zu wenig geändert.
Doch patriarchale Gewalt findet nicht nur da „draußen“ statt. Nein sie ist überall.
Die Vorstellung des Vergewaltigers der im Park auflauert, wird der Realität nicht gerecht. Die meisten Übergriffe finden im sozialen Nahraum statt. Das gilt auch für die linke Szene.
Seit Jahren werden Übergriffe in den linken Räumen Tübingens thematisiert, es wird ein Umgang gesucht, aber all zu oft sind die Versuche gescheitert.
Wir brauchen endlich funktionierende Strukturen zum Umgang mit sexualisierter Gewalt. Die Polizei abzulehnen, heißt nicht einfach Aufkleber gegen die Polizei an die nächste Laterne zu kleben, sondern Alternativen im hier und jetzt praktisch zu erproben. Ob das in der Praxis dann Transformative Gerechtigkeit heißt oder anders – egal. Aber nichts machen bedeutet schlicht Kompliz*in patriarchaler Gewalt zu sein!
Wir sollten uns fragen, ob es in diesen düsteren Zeiten unsere Aktionsformen noch angemessen sind. In Zeiten in denen Gesellschaft und Staat nach Rechts rücken, Femizide immer noch alltäglich sind und Queers immer noch auf der Straße angegriffen werden, wie vor wenigen Tagen eine trans Frau in der Berliner U-bahn. Sind da Laufdemos mit reformistischen Rufen nach mehr „Gleichstellung“ wirklich ausreichend?
Wenn Regierungskoalitionen mit der AfD versucht werden – wieso plädieren wir da an die Regierenden?
Es ist Zeit unsere Aktionsformen und Ziele anzupassen. Wir können nicht einfach nur weitermachen wie immer. Ob es wilde Demos sind, konfrontative feministische Streiktaktiken wie in Spanien, Argentinien und der Schweiz in den letzten Jahren oder die Konfrontation von Täter*innen in unseren Reihen. Wir müssen endlich Schluss machen mit Symbolpolitik und handeln!
Neben Fragen zu unseren Strategien, müssen wir auch darüber reden, warum so viele Feministische Kampagnen rund um den 08. März immer noch sehr stark von weißen bürgerlichen feministischen Stimmen geprägt sind.
Warum bleibt bei Kampagnen gegen Femizide so oft unerwähnt, dass von patriarchaler Gewalt am meisten Frauen und Queers of Color betroffen sind?
Warum geht es nicht um all die ebenso vom Patriarchat betroffenen und dagegen kämpfenden Menschen, die heute nicht hier sein können – weil sie in Abschiebehaft sitzen, im Mittelmeer ertrunken sind, im Knast sitzen?
Wollen wir wirklich einen akzeptierten, bürgerlichen Feminismus der für mehr Teilhabe für privilegierte Frauen kämpft und das oft auf Kosten anderer Unterdrückter? Wollen wir uns an eine Gesellschaft anpassen, die uns im Kern und in ihren Institutionen feindlich gesinnt ist?
Oder wollen wir für einen Feminismus kämpfen oder ihn gar leben, der gemeinsam mit allen vom Patriarchat unterdrückten kämpft, Unterschiede wahrnimmt und ernst nimmt, gegen Rassismus, Transfeindlichkeit und Klassismus kämpft – unsere Kämpfe verbindet.
Intersektional, Unruhe stiftend und unbequem!
Wer glaubt, dass ein von weißen cis-Männern geschaffener und geprägter Staat ein sinnvoller Partner im Kampf gegen unsere Unterdrückung ist, hat Herrschaft nicht verstanden.
Wer glaubt, dass laute queere Stimmen feministische Bewegungen spaltet, spaltet selbst.
Wer glaubt, dass wir gegen Sexismus kämpfen können, ohne auch gegen Rassismus zu kämpfen, hat Herrschaft nicht verstanden.
Das wahre patriarchale Gesicht hat die staatliche Exekutive jüngst bei den 2 vom Landgericht gezeigt. Die Polizei ist und bleibt gewalttätig, übergriffig und anmaßend.
Unsere Wut gilt Polizei, Gerichten und Knästen, die nichts anderes sind als patriarchale Herrschaftsinstrumente!
Liebe und Solidarität an alle jene die sich ihnen entgegenstellen!
Bei Protesten in Paris hieß es ein mal: ‚Wir beginnen erst wirklich zu kämpfen, wenn wir aufhören harmlos zu sein.“
Lassen wir uns die Anmaßungen des Staates der sich feministisch nennt und gleichzeitig täglich unsere Unterdrückung sichert nicht mehr länger gefallen. Die Wut darüber macht uns stark und kann verschiedene Positionen vereinen, Verständnis, Solidarität schaffen.
Für die Queer_Feministische Revolte – das Patriarchat muss bald schon Geschichte sein!